Am 11. Oktober findet im Amtsgericht in Berlin Tiergarten der erste Prozesstag gegen Balu statt. Drei Monate nach Abbruch der erfolglosen polizeilichen Großoffensive gegen die Rigaer 94 und den ganzen Nordkiez in Friedrichshain will der Staat ihm und Aaron stellvertretend für die widerständigen Strukturen den Prozess machen. Auch wenn die Inhaftierung und die eventuelle Verurteilung für Aaron und Balu den Erfolg des Kampfes um die Rigaer94 als Symbol des Widerstandes gegen die Stadt der Reichen nicht schmälern kann, werden wir die beiden natürlich nicht ihrem Schicksal überlassen. Dies ist ein Aufruf, nicht tatenlos zuzusehen.
Unter welchen Umständen Aaron und Balu festgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt wurden, dürfte vielen bereits bekannt sein. Falls nicht, könnt ihr das auf dieser Internetseite nachlesen.
U-Haft mindestens bis zum Prozess
Normalerweise wird U-Haft gegen Tatverdächtige und Beschuldigte verhängt, wenn die Staatsgewalt Angst hat, dass diese untertauchen oder wegen fehlendem festem Wohnsitz nicht auffindbar sind. Ein weiterer Anlass für U-Haft ist häufig die Annahme, dass Beweise vernichtet werden könnten – die sogenannte Verdunklungsgefahr.
Aaron und Balu werden Vorwürfe wie schwerer Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Widerstand, Sachbeschädigung und gefährliche bzw. versuchte gefährliche Körperverletzung gemacht. Da es sich um normale Demonstrationsgeschehnisse handelt, deren Beweissicherung mit der Festnahme vor Ort definitiv abgeschlossen ist, liegt die Verdunklungsgefahr nicht vor. Auch die normalen Gründe für die Annahme der Fluchtgefahr liegen nicht vor, da beide eine feste Bleibe haben.
Staatsanwaltschaft will mindestens zwei Jahre
Aaron und Balu werden aus ihren Zellen im Knast von Moabit direkt in das angrenzende Gerichtsgebäude gezerrt und vor ein Schöffengericht gestellt werden. Im Gegensatz zu einem normalen Gericht bedeutet das, dass die ehrenwerte, unabhängige Justiz erst einmal davon ausgeht, dass die Haftstrafe zwei Jahre oder mehr betragen wird. Zwar kann die Strafe auch niedriger ausfallen; das Zusammenkommen des Schöffengerichts ist aber ein weiteres Zeichen davon, dass die Justiz eben nicht unabhängig ist, sondern die Aggressivität der Innenpolitik und die Extremismus-Manie fortführt. Aber natürlich erwartet niemand, dass ein paar studierte Schreibtischtäter_innen Verständnis von unserem Kampf haben könnten.
Ziel: Abschreckung
Der Staat konnte die Auseinandersetzung in der Rigaer Straße nicht mit seinen militärischen Strategien der Besatzung gewinnen. Es ist davon auszugehen, dass er vor Ort nun mit zivileren Methoden agiert, um Akteure ausfindig zu machen, die die Politik soziale Befriedung umsetzen. Er ist fest entschlossen, die Gentrifizierung und seinen Machtanspruch auszubauen. Dazu passt der jetzige Versuch, Einzelne herauszupicken und an ihnen ein abschreckendes Exempel zu statuieren. Das Ziel ist die Isolation derjenigen, die Militanz nicht über die Mittel sondern über das Ziel definieren. Wer den Staat ablehnt, wird nicht danach fragen, ob drei Wochen Gewalt gegen eine Hausgemeinschaft Grund genug zum Steineschmeißen sind. Wer dagegen lediglich eine Übertreibung eines durchgeknallten Innensenators hinter des Eskalation vermutet, wendet sich von den Radikalen ab, sobald die schlimmsten Symptome seiner Politik beseitigt sind.
Gerade deswegen ist es jetzt besonders wichtig, zu betonen, dass wir hinter Aaron und Balu stehen. Welche Mittel die beiden für den Kampf gewählt haben, ist dabei ohne Bedeutung. Die Tatsache, dass sie aus anderen Regionen gekommen sind, um mit uns die Belagerung zu durchbrechen, rechnen wir ihnen aber hoch an. Kiez- Städte- und Landesgrenzenübergreifender Austausch und Bezugnahme sind ein wichtiger Faktor gegen die Vereinzelung antagonistischer Bestrebungen.
Gemeinsam zum Prozess
Wir verstehen die Zwangsvorführung von Aaron und Balu als dringenden Grund für uns alle, gemeinsam den Gerichtsprozess als Angeklagte durchzustehen. Kommt alle am ersten Prozesstag, den 11.10.2016 eine halbe Stunde vorm Termin ins Gericht in Moabit. Wenn wir nicht alle in den Saal passen, werden wir vor den Toren die Freilassung von Balu erwarten. Kommt auch zu den Folgeterminen!
Die Termine im Überblick:
1. Prozesstag Balu: 11. Oktober, 9Uhr, Amtsgericht Tiergarten, Raum wird noch bekanntgegeben
2. Prozesstag Balu: 14. Oktober, 9Uhr, Amtsgericht Tiergarten, Raum wird noch bekanntgegeben
1. und bisher einziger Prozesstag Aaron: 8. November, 10:15, Amtsgericht Tiergarten, Raum wird noch bekanntgegeben
Lasst eure Handys zu Hause, wenn ihr nicht riskieren wollt, dass sie an der Schleuse bei den Bullen abgegeben werden müssen. Bringt stattdessen Stifte und Papier mit, um Notizen und Zeichnungen zu machen. Wenn ihr rein wollt, braucht ihr ein Ausweisdokument.
Verfahren gegen Ali am gleichen Tag
Auch am 11. und 14. Oktober wird um 9Uhr Ali vors Kammergericht in Berlin-Moabit (Turmstr. 91) gebracht. Sie sitzen aktuell mit Aaron und Balu in Moabit in U-Haft. Ihnen wird vorgeworfen, die PKK unterstützt zu haben. Da der Kampf gegen Daesh und die Besatzung durch den türkischen Staat auch unser Kampf ist, dürfen wir auch die beiden nicht alleine lassen. Überlegt, an welchem Prozess ihr teilnehmt. Neben Prozessbeobachtung gibt es außerdem noch viele andere Möglichkeiten, sich solidarisch auf die Gefangenen zu beziehen.
Kommt zu den Prozessen! Freiheit für Aaron, Balu, Cem und Ali!